Erzengel Michael: Schutzpatron der Deutschen und des Hambacher Schlosses

Carlo Crivelli: Altarpolyptychon des Hl. Petrus vom Altar einer Dominikanerkirche in Ascoli, linker äußerer Flügel mit dem Erzengel Michael (1477), Tempera auf Holz, National Gallery London

„Gewähre uns, Herr Jesus, Retter aller und Erlöser, Dein heiliges Gehör und nimm unsere demütigen Bitten an, und durch das Eingreifen Deines Heiligen Erzengels Michael und die Hilfe aller himmlischen Heerscharen, biete unserem Banner Deine Rechte.“

Diese Sätze stammen aus einem Fahnensegen des 10. Jahrhunderts. Dass darin nicht nur Christus, sondern auch St. Michael angerufen wurde, ist alles andere als ein Zufall. Denn für das Mittelalter spielte sich in seinem Sieg über den apokalyptischen Drachen zugleich der Triumph des Gottessohnes über den Tod. Michael wurde als Oberbefehlshaber der Engelsheere betrachtet, der den christlichen Rittern und den irdischen Streitern zu Hilfe kommt. Michael ist auch Schutzheiliger des Volkes Israel und Volksheiliger der Deutschen. 

Der Heilige Michael ist auch Schutzpatron der im 11. Jahrhundert erbaute Kestenburg, später Hambacher Schloss genannt. Die Bischöfe von Speyer, Herren der Veste, weihten die Burgkapelle dem Erzengel. Viele Bischöfe residierten hier. Nikolaus von Wiesbaden empfing am 12. Juni 1388 in dem Burgkirchlein die Bischofsweihe. 

Doch im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1688 wurden die Kestenburg und die dem Heiligen Michael geweihte Kapelle von den Franzosen niedergebrannt. Erst am 9. Juli 1723 konnte sie wieder aufgebaut werden. Französische Revolutionäre plünderten und zerstörten diese aber am 30. Juli 1794 erneut. Die von den Gläubigen verehrte Figur des Erzengels banden sie dabei zum Spott an den Schweif eines Pferdes und ritten damit durch die Straßen von Hambach. Die Lästerung eines Heiligen sollte die Deutschen demütigen, denn Michael ist auch Schutzpatron der deutschen Könige und Kaiser. Karl der Große ließ 813 auf einer Synode Michael zum Schutzheiligen des erneuerten Imperiums bestimmen. 

Das wichtigste Michaelis-Heiligtum lag allerdings in Reichsitalien, auf dem Monte Gargano in Apulien. Doch bereits im Mittelalter gab es enge Verbindungen zwischen dem Michaelsberg in Italien, dem Mont Saint Michel in der Normandie und dem St. Michael’s Mount an der englischen Küste. Kein Zufall, dass die Michaeliskirchen und -kapellen im germanischen Raum erbaut wurden. Man vermutet, dass der kriegerische Charakter des Erzengels die germanischen Völker besonders ansprach. Ein Gedanke, der in Deutschland vor allem die Romantik beschäftigte, aber auch das preußische Königshaus. So war während des Ersten Weltkriegs Michael neben der Germania der wichtigste symbolische Ausdruck des deutschen Kampfwillens. Der Dichter Reinhold Schneider meinte, dass die Deutschen unter dem Schutz St. Michaels stehen. 

Der 29. September ist Michaelistag, den man auch auf Michaelismärkten feiert. Dazu dichtete der Hambach-Patriot Johannes Fitz aus Bad Dürkheim die „Michaelis-Hymne“. Sie wurde 1825 beim Fest des Schutzheiligen anlässlich des Dürkheimer Michaelismarktes uraufgeführt.

Als Motto verwendete der Winzer Fitz den Spruch „Wo man singt, da lasst euch ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder“. Auch hier verurteilte der Patriot den hohen Weinzoll und schließt mit dem ironischen Satz „Darum ist in uns’rer Not nur wer trinkt ein Patriot.“ 

Aus dem Michaelismarkt wurde später der Dürkheimer Wurstmarkt, das größte Weinfest der Welt. Das Fitz-Weingut gibt es noch heute. Im Angebot: Fitz-Sekt und der Rotwein „Revoluzzer“. Und auf dem Dürkheimer Michelsberg steht auch noch immer die Michaeliskapelle.